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Was haben Sie mit The Curious Company vor, Frau Wübbe?

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Quelle: Meedia

Vor wenigen Tagen ist Julia Wübbe Teil der Geschäftsführung der Curious Company geworden. Immersive Markenkommunikation ist deren Spezialität. Das riecht nach Metaverse, ist aber viel mehr, wie Julia Wübbe erklärt. Angesichts von Generative AI muss sie auch das Agenturmodell neu denken.

Frau Wübbe, was verstehen Sie genau unter immersiver Markenkommunikation?

Wenn die Begegnung mit einer Marke zu einem echten Erlebnis wird, dann finde ich Markenkommunikation stark. Quasi das hautnahe und emotionale Erleben einer Marke und ihrer Botschaft, das ist immersiv. Wir helfen unseren Kunden, solche Erlebnisse zu schaffen.

Einer unserer Schwerpunkte bei immersiver Markenkommunikation liegt derzeit auf Augmented Reality. Aber wir kreieren auch digitale Exponate mit anderen Technologien für verschiedene Touchpoints, zum Beispiel auf Messen oder am POS. Curious Company ist eine Digitalagentur mit zugehörigem XR-Studio. Das heißt, wir sind eine der wenigen Agenturen, die nicht nur berät, sondern auch umsetzt. Wir haben die Inhouse-Kompetenz mit Talenten aus dem 2D- und 3D-Bereich. Der Grundgedanke hinter Curious Company ist Neugier. Wir wollen immer das beste Nutzererlebnis finden.

Wie groß ist das Team und wo sitzt es?

Wir sind aktuell zwölf Mitarbeiter. Stammsitz ist Hamburg, aber wir haben auch Mitarbeiter, die in Berlin sitzen. Das ist heutzutage nicht mehr wichtig.

Bei Agenturen, die selbst produzieren, besteht latent die Gefahr, dass man das verkauft, was man gut kann und nicht das, was für den Kunden am besten ist. Wie schützt man sich davor?

Gerade, wenn es um neue Formen der Markenkommunikation geht, hilft es den Kunden, wenn man sehr klare, transparente Angebote macht. Ein gesetzter Rahmen hilft. Wir wollen „produktiger“ werden. Wir wollen den Einstieg für Marken und Unternehmen so einfach wie möglich machen. Fest umrissene Produkte oder Produktpakete versetzen den Kunden in die Lage, sich für erprobte Systeme zu entscheiden. Das ist also eine Art Vorqualifikation. Kunden, die wenig Interesse an innovativen digitalen Formaten haben, kommen dann eh seltener zu uns.

Nicht jede Marke ist eine Lovebrand. Wo hört die Idee von Immersion auf?

Es geht dabei auch nicht nur um Lovebrands. Auch andere Marken haben Geschichten zu erzählen, zum Beispiel wenn es um komplexe Sachverhalte geht. Da geht es darum, das Mehr, das die Marke anbietet, auch zu vermitteln. Und genau dann, wenn die Marke keine Lovebrand ist, kann immersives Storytelling die Menschen für ein Thema begeistern.

Um ein Beispiel zu nennen: Beim Thema Verpackungen sind Marken extrem beschränkt im Platz, der ihnen zur Verfügung steht. Da hilft es enorm, wenn man die Verpackung digital erweitert, um zum Beispiel das Konzept von Nachhaltigkeit zu erklären.

Das Mittel der Wahl ist Augmented Reality?

Ja, häufig ist es das, und zwar Web-AR. Wir wollen keine Apps einsetzen. Auch der Endkunde muss es so einfach wie möglich haben, um solche Anwendungen zu nutzen.

Sie sprachen das Thema Point of Sale an. Nutzen die Kunden Augmented Reality tatsächlich im Laden oder doch eher zuhause nach dem Kauf.

Zuhause. Das muss man ehrlich sein. Häufig sind die Kunden am POS mit anderen Dingen beschäftigt, als eine komplexe Experience auszuprobieren. Anders sieht es auf einer Messe aus. Da kommen die Menschen hin, um Dinge zu entdecken. Für die jeweilige Marke ist das auch eine gute Gelegenheit, sich von der Konkurrenz zu unterscheiden.

Wie misst man den Erfolg solcher Maßnahmen?

Die Menge der Zugriffe und die Verweildauer sind die wichtigsten Parameter. Und man sollte auch nicht einfach eine digitale Experience aufbauen und darauf warten, dass sie genutzt wird. Man muss das von Anfang an in die Kommunikation mit aufnehmen. Man muss dafür werben oder vielleicht Gewinnspiele integrieren. Von alleine kommt kaum ein Nutzer. Es reicht nicht mehr, einen QR-Code irgendwo drauf zu klatschen. Am Ende muss dann auch der Call-to-Action neben dem QR-Code gut sein. Sehr viele Unternehmen übersehen, dass die User einen guten Grund brauchen, um einen QR-Code zu scannen.

Gehen die Kunden mit? Oftmals sprechen wir da sogar von unterschiedlichen Abteilungen im Unternehmen.

Auch da bin ich ehrlich: Das funktioniert mal besser und mal schlechter. Als Agentur versuchen wir, mit der ganzen Customer Journey im Blick, so weit es geht zu helfen und produzieren immer Kommunikations-Assets, die auch für die Kampagne rund um die Experience genutzt werden können. Irgendwo sind unsere Möglichkeiten natürlich auch begrenzt und die Marke selbst muss das Ganze weiterführend pushen. Aber das Verständnis dafür wächst. Gerade im Retail sehen wir, dass sich in den letzten Jahren einiges getan hat. Das hat auch mit dem Wachsen des E-Commerce während der Corona-Zeit zu tun.

Weil die Händler gelernt haben, dass sie auch einen digitalen Kundenkontakt brauchen.

Genau. Wir arbeiten gerade an einem sehr spannenden Projekt mit einer Marke, die über den Lebensmitteleinzelhandel verkauft. Ich kann noch nicht darüber sprechen, aber bei der Experience geht es darum, sehr immersiv zu erklären, wie deren nachhaltige Lebensmittelproduktion funktioniert.

Augmented Reality ist noch nicht das Metaverse.

Das ist korrekt, aber die genaue Definition von Metaverse ist ja auch noch nicht in Stein gemeißelt. Wir haben ganz bewusst davon abgesehen, eine Web3-Unit zu gründen. Die Menge der Kundenanfragen im Bezug auf das Metaverse hat in den letzten Monaten deutlich nachgelassen. Der erste Hype ist vorbei. Wir treten jetzt in die nächste und vielleicht noch spannendere Phase ein und versuchen herauszufinden, was diese Technologien wirklich für die User leisten können. Es geht ja nicht nur um technologische, sondern auch um gesellschaftliche Veränderungen. Aber ganz akut liegen im Jahr 2023 für uns die spannenden Felder anderswo.

Die Vorstufe zum Metaverse funktioniert und existiert, nämlich die großen Spiele. Ist das ein Bereich für die Markeninszenierung?

Jein. Wir kennen natürlich die Nutzerzahlen, die momentan hinter großen Metaverse-Produktionen stehen. Und auch wenn die Inszenierungen wirklich toll gemacht sind, sind die Nutzerzahlen nach wie vor sehr gering. Da braucht es noch viel Lernen, viel Prototyping.

Wenn ich als Kunde zur Curious Company komme und sage, ich möchte mich in Richtung Metaverse entwickeln. Wo fange ich an?

Dann werden wir immer mit vielen Fragen starten, um wirklich herauszufinden, was der Kunde vorhat. Hier werden wir in Zukunft kein „One fits all”-Produkt anbieten wollen. Wenn es aber beispielsweise um die GenZ geht, dann wäre Roblox sicher ein guter Einstieg. Aber wie erwähnt: Solche Anfragen kommen zur Zeit sehr wenig.

Und wonach fragen die Marken heute?

Wir haben uns offensichtlich einen Namen im Handel gemacht. Digital Retail ist ein Thema, das uns sehr stark umtreibt. Da sind wir sowohl im Laden als auch im Schaufenster unterwegs. Digitale und interaktive Touchpoints und Augmented Reality sind schon die zentralen Themen. Das Thema VR bleibt eine Nische. Das würde ich mir anders wünschen.

Der Point of Sale ist schwierig, weil der Handel Angst um seine Flächenproduktivität hat.

Grundsätzlich stimmt das, aber wir brauchen eben auch nicht viel Fläche. Das schöne Schlagwort „Phygital“ kommt hier ins Spiel. Reale Produkte, die digital angereichert werden. Dabei findet das Digitale entweder auf einem Bildschirm zum Beispiel im Schaufenster statt oder auf dem Smartphone des Nutzers. Das verbraucht nicht viel Fläche. Und wenn man einmal eine Lösung entwickelt hat, skaliert die natürlich sehr einfach.

Kommen die Händler und Ketten auf Curious Company zu oder sind es doch eher die Marken?

Es sind in der Regel die Marken, aber wir haben zum Beispiel mit Globetrotter einen sehr starken Partner. Die sind sowohl Marke als auch Händler. Mit diesem Kunden können wir sehr viel ausprobieren. Die sind innovativ und experimentierfreudig.

Am Ende der Globetrotter-VR-Experience stieg man in einen Fesselballon und löste die Festmacherleinen - Foto: Globetrotter / Screenshot

Welche Art von Experimenten?

Das spektakulärste war zweifellos die digitale Hyperreality Experience in der Europa Passage in Hamburg. Die ist gerade zu Ende gegangen. Wir hatten dort einen Pop-Up Store angemietet und eine sehr umfassende virtuelle Welt zum Thema Outdoor & Abenteuer aufgebaut. Sowohl mit haptischen Elementen als auch mit Virtual Reality. Die Menschen standen Schlange vor der Tür. Das war ein großer Erfolg. Vielleicht ist ein Einkaufszentrum dafür auch genau der richtige Ort, weil die Menschen in Bummel- und Entdeckungslaune sind.

Macht so ein Beispiel Schule? Haben andere Marken angefragt, ob man etwas ähnliches machen könnte?

Immer wieder sprechen wir mit Kunden zu genau diesem Thema, aber nicht jeder Kunde hat den Mut, so etwas umzusetzen. Das liegt aber sicherlich auch am Investitionsklima des letzten Jahres. Aber es wäre schön, wenn sich hier 2023 wieder mehr Mut bei den Kunden entwickelt. Wir haben die ganze Hardware und auch die Produktions-Pipeline auf Basis der Unreal-Engine aufgebaut. Ein nächster Kunde spart sich die „Kinderkrankheiten“, wenn man so will.

Stellen Sie häufiger fest, dass Marken Möglichkeiten der immersiven Kommunikation vernachlässigen?

Das kann man nicht pauschalieren. Bei einigen Kunden liegt es beispielsweise eher daran, dass manche Experiences keinen sofort messbaren Erfolg liefern, wie das etwa Performance Marketing tut. Das kann intern schwierig zu verargumentieren sein, auch wenn Kunden einen enormen Mehrwert daraus ziehen und so – weniger messbar – Verkäufe angekurbelt werden.

Ein Beispiel: Wir hatten letztes Jahr für Peloton einen ProductViewer gemacht. Damit konnte man sich das Peloton-Bike ins Wohnzimmer holen und schauen, ob es von der Größe passt. Wir hatten gedacht, dass das ein Konzept ist, das viele Unternehmen haben wollen, aber dem war nicht so. Andere Kunden haben bei so etwas Bedenken wegen der Einmal-Kosten. Da müssen wir erstmal erklären, welche Möglichkeiten der 3D-Produktion es heute gibt. Und dass die Sorgen häufig unbegründet sind.

Die Produktion solcher 3D-Assets ist sehr aufwändig. Wird die Künstliche Intelligenz hier auf Dauer helfen? Stichwort Generative AI.

Auf jeden Fall. Wir schauen uns genau an, was sich da gerade entwickelt und nutzen einige der Tools schon in der täglichen Arbeit.

Wofür?

Im Moment nutzen wir das zur Vorbereitung, für Pitches und in der Inspirationsphase. Auch unsere Entwickler nutzen Dialog-Systeme, weil die Antworten akkurater sind als zum Beispiel bei einer Google-Suche. Ich glaube fest daran, dass Dialogsysteme wie ChatGPT die Suche dramatisch verändern werden.

Gibt es ein Szenario, wo man die Besetzung der Agentur ändert, weil Funktionen obsolet werden?

Nein, daran glaube ich nicht. Die Kreativität macht uns aus und da kommt der letzte Touch vom Menschen.

Sie haben in der Vergangenheit viel am Thema Nachhaltigkeit gearbeitet. Immersive Markenkommunikation braucht sehr viel Energie und verursacht CO2. Wie gehen Sie mit dem Zielkonflikt um?

Wir versuchen als Agentur nachhaltig zu sein und arbeiten derzeit an einer Strategie, an der wir uns zukünftig selbst messen wollen. Remote Work ist weiterhin ein Thema. Und wir fragen uns natürlich, inwiefern wir Geschäftsreisen machen müssen. Aber auf der Produktionsseite müssen wir aus dem Vollen schöpfen. Allerdings können wir in großem Maß Ressourcen sparen, wenn wir Teile von Technologie wiederverwenden, wie bei dem Globetrotter-Beispiel.

Fragen die Kunden nach CO2-optimierter Produktion?

Nein, solche Anfragen kommen eigentlich nicht. Das ist noch kein Thema, das uns in der Praxis entgegenkommt.

Was wird für Sie noch wichtig im Jahr 2023?

Ich bin viel zu oft die einzige Frau am Konferenztisch, gerade bei Technologiethemen. Das ist ein Thema, was mich auch privat beschäftigt und was ich aus meiner neuen Rolle heraus vorantreiben möchte: dabei zu unterstützen, die Sichtbarkeit von Frauen und Müttern in der Digitalbranche zu stärken. Da ist viel Netzwerken angesagt.

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